Ein Forum für Unternehmer nach dem Exit
Die Geburtsstunde des Exit Club
Louis Debouzy hat niemals damit gerechnet, eines Tages so etwas wie den Exit Club ins Leben zu rufen. Der Club in Paris empfängt nur geladene Gäste – Unternehmer und Unternehmerinnen, die erfolgreich aus ihrem Unternehmen ausgestiegen sind und sich mit viel Geld und einer Lücke in ihrem Leben wiederfinden.
Die Idee zur Gründung des Clubs kam ihm kurz nach dem Verkauf seines ersten Unternehmens, Amabilis, im Juli 2022. Just in diesem Jahr hatte er es in die Forbes-Liste 30 Under 30 geschafft. „Nach dem Exit folgte eine Achterbahn der Gefühle“, so Louis Debouzy. „Natürlich wollte ich verkaufen. Und als das Geld auf meinem Bankkonto war, war ich sehr happy – aber nur für ein paar Sekunden.“
„Danach fühlte ich mich total leer, als hätte ich meine Identität verloren“, erzählt er. In seinem Umfeld stiess er mit diesen Gefühlen auf wenig Verständnis. „Überall bekam ich nur zu hören: ‚Du bist jetzt reich, du hast dein Unternehmen verkauft. Worüber beklagst du dich?’ Und ja, da ist natürlich etwas dran. Aber das Gefühl der Leere liess sich nicht ausschalten.“
Viele haben nach dem Exit reale, physische körperliche Symptome. Panikattacken. Herzrasen. Schlaflosigkeit. Atemprobleme. Das ist keine Seltenheit.
Auf der Suche nach Gleichgesinnten gründete er den Exit Club, der inzwischen gut 300 Mitglieder zählt und völlig beitragsfrei ist. Der Club bietet Unternehmerinnen und Unternehmern, die sich nach dem Ausstieg aus ihrem Unternehmen mit ähnlichen Problemen konfrontiert sehen und sich damit alleingelassen fühlen, die Möglichkeit, sich bei persönlichen Treffenregelmässig auszutauschen.
„Viele haben nach dem Exit reale, physische Symptome. Panikattacken. Herzrasen. Schlaflosigkeit. Atemprobleme. Das ist keine Seltenheit.“ Luis Debouzy sieht im Exit Club eine Art Therapie.
Um Mitgefühl geht es ihm dabei aber ganz und gar nicht, was umso bemerkenswerter ist, wenn man seine persönliche Situation bedenkt. Mit acht Jahren wurde bei ihm eine unheilbare Muskelkrankheit diagnostiziert, die dazu geführt hat, dass er seit seinem 21. Lebensjahr im Rollstuhl sitzt. Die erste Phase seiner Karriere als Unternehmer und auch sein Ausstieg im Alter von 30 Jahren hatten aber durchaus etwas mit seiner Krankheit zu tun.
Selbst auf Hilfe angewiesen, um aus dem Bett aufzustehen, auf die Toilette zu gehen oder sich in seinen Rollstuhl zu setzen, war der junge Mann „schockiert“ vom Pflegeniveau in Frankreich. Oft wartete er vergeblich auf die angekündigte Pflegekraft und musste bis nachmittags im Bett ausharren, bis ihm jemand heraushalf, erinnert er sich. Abends konnte er nicht ausgehen, da niemand zur Verfügung stand, um ihm anschliessend ins Bett zu helfen.
Im Alter von 23 Jahren gründete Louis Debouzy aufgrund seiner eigenen Erfahrung mit den Herausforderungen als Rollstuhlfahrer den Pflegedienst Amabilis.
Exit als bewusste Entscheidung
Amabilis war darauf ausgerichtet, hier mit passenden Pflegelösungen Abhilfe zu schaffen. Als Debouzy das Unternehmen verkaufte, hatte es 250 Mitarbeitende. Louis Debouzy glaubt, dass er den Erfolg zu einem grossen Teil auch seiner Behinderung zu verdanken hatte. „Ich möchte nicht darauf reduziert werden, der Typ im Rollstuhl zu sein. Aber ich muss durchaus zugeben, dass unternehmerisches Denken durch eine Behinderung besonders stimuliert wird. Wenn man selbst nicht in der Lage ist, eine Tür zu öffnen, sein Fleisch zu schneiden oder andere simple Dinge zu tun, muss man alternative Lösungen finden. Und genau das macht ja einen Unternehmer aus: Lösungen für Probleme zu finden, die angegangen werden müssen.“
Debouzy betont, keine konkreten Ausstiegspläne gehabt zu haben. Ursprünglich hatte er vor, auf immer an der Spitze von Amabilis zu stehen. Als er jedoch ein gutes Angebot bekam, den Drang verspürte, etwas Neues zu wagen, und ausgelaugt von der Aufgabe war, ein Unternehmen zu leiten, bei dem es um Menschenleben geht („Wenn die Pflegekraft nicht auftaucht, könnte der Kunde sterben“), konnte er nicht anders als zu verkaufen. Auch das Arbeitsrecht in Frankreich war für Debouzy ein Grund für den Exit, denn das Verbot, Freiberufler zu beschäftigen, ist ein echtes Problem.
Viele wissen beim Ausstieg aus dem Unternehmen nicht einmal, was Private Equity ist. Es fehlt ihnen an Finanzwissen, da sie als Unternehmer immer nur mit dem eigenen Geschäft beschäftigt waren.
Der Exit Club bietet weit mehr als nur die Möglichkeit, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen. Der Club verfolgt auch ganz wichtige praktische Ziele, so Debouzy. Viele Unternehmer haben vor ihrem Exit noch nie etwas von Vermögensverwaltung und Family Offices gehört und sich nie mit der Frage auseinandergesetzt, wie sie ihr privates Vermögen anlegen möchten. „Viele wissen beim Ausstieg aus dem Unternehmen nicht einmal, was Private Equity ist. Es fehlt ihnen an Finanzwissen,da sie als Unternehmer immer nur mit dem eigenen Geschäft beschäftigt waren.“
Die Lancierung von Augment
Der Exit Club organisiert gesellschaftliche Events, auf denen die Mitglieder praktische Ratschläge und Orientierungshilfe erhalten. Doch das Ganze soll gemeinnützig bleiben. Debouzys neuestes Projekt ist Augment, ein Investmentclub, der, wie er selbst sagt, „in Technologien investieren soll, die den Menschen intelligenter, schneller und stärker machen“. Der Fokus von Augment wird auf Technologien zur Verlängerung der Lebenserwartung, Medizintechnik sowie Entwicklungen im Bereich künstlicher Intelligenz und deren Einsatz im Militär und der Raumfahrt liegen. Dabei geht es stets um das Thema Fortschritt, der es Menschen ermöglicht, Dinge zu tun, die vorher unmöglich waren.
Figure AI ist eines der Unternehmen, in das der von Debouzy 2025 gegründete Investmentclub Augment investiert. Das Unternehmen entwickelt humanoide Roboter zur Erweiterung der körperlichen Fähigkeiten des Menschen.
Eines der Unternehmen, in das Augment investiert, ist Figure AI, das KI-gesteuerte humanoide Roboter entwickelt, die „autonom sind, aufrecht gehen und alltagstauglich sind“. Im Portfolio von Augment ist auch Altos Labs, Pionier auf dem Gebiet der Zellverjüngung durch Reprogrammierung der Körperzellen, um sie in einen jungen Zustandzurückzuversetzen.
Die Idee zur Gründung von Augment im Jahr 2025 entstand laut Debouzy durch die Beschäftigung mit seinem eigenen Gesundheitszustand: „Ich bin selbst ein Augmented Human, ein Mensch mit künstlich erweiterten Fähigkeiten. Ich habe einen Rollstuhl. Ich habe einen Computer. Ich habe ein Telefon. Ich glaube nicht, dass ich vor hundert Jahren in der Lage gewesen wäre, ein Unternehmen aufzubauen.“
Aktuell versucht Debouzy, Gleichgesinnte für Investitionen in diesem Bereich zu gewinnen. In diesem frühen Stadium, nur wenige Monate nach Gründung von Augment, kann er noch nicht viel mehr preisgeben. Doch wie die meisten erfolgreichen Unternehmer gehört auch er nicht zu der Sorte Mensch, die sich durch Hindernisse von ihrem Ziel abbringen lässt.
Louis Debouzy - Biografie / Wichtigste Meilensteine
Nach der Diagnose einer unheilbaren Muskelkrankheit im Alter von 8 Jahren ist er seit seinem 21. Lebensjahr auf einen Rollstuhl angewiesen
Abschluss seines Studiums an der Sciences Po in Paris mit einem BA in Politikwissenschaft und Wirtschaft, gefolgt von einem Master in Finanzwissenschaften 2015
Verkauf des ersten Unternehmens Amabilis mit zu diesem Zeitpunkt 250 Beschäftigten
Initiator des Podcasts Cut the Crap, in dem Menschen von der Leidenschaft für ihre Arbeit berichten und der bereits seit zwei Jahren läuft
Gründung des Exit Club, eines exklusiven Zirkels für Unternehmerinnen und Unternehmen, die aus ihrem Unternehmen ausgestiegen sind
Gründung von Augment, einem Investmentclub für Technologie im Bereich Human Augmentation