European Direct Lending 2025: Abseits der Massen
An den europäischen Private-Debt-Märkten haben die Transaktionen im Jahr 2024 nach einer Phase mit recht schwacher M&A-Aktivität wieder zugenommen, und angesichts einer möglichen Verbesserung des makroökonomischen Umfelds gehen wir davon aus, dass sich dieser Trend auch 2025 fortsetzt. Dies wird den Dealflow in dieser Anlageklasse ankurbeln, und das Wachstumspotenzial ist gross, denn mit einem Volumen von rund EUR 400 Mrd. ist Europas Private-Debt-Markt nur ein Drittel so gross wie sein US-Pendant.
Zudem wird der Markt breiter, denn weil traditionelle Bankfinanzierungen teilweise immer noch schwer erhältlich sind, wenden sich kleinere und mittlere Unternehmen mit ihrem Kapitalbedarf zunehmend an Direct Lender. Die Dynamik und die Finanzierungsquellen sind jedoch je nach Marktsegment verschieden. Bei grösseren Deals hat Direct Lending wieder Konkurrenz von Konsortialkrediten (Broadly Syndicated Loans, BSL) und Hochzinsanleihen (High Yield, HY) bekommen, und die dadurch entstandene Kapitalschwemme hat die Preise gedrückt und die Konditionen verwässert. Kleinere Deals bleiben von dieser Wettbewerbsdynamik jedoch weitgehend unberührt, da der Zugang zum HY- und zum BSL-Markt hierfür verwehrt ist. Hier ist Direct Lending als Fremdfinanzierungsquelle nach wie vor die wichtigste Alternative zum Bankkredit, besonders wenn es um Wachstums- oder Transformationskapital geht. Diese gegensätzliche Wettbewerbsdynamik führt für die Anleger zu sehr unterschiedlichen Risiken und Renditen.
Abb. 1 – Wettbewerb um Deals
Liquidität bei Private Assets – heute und vor zehn Jahren, Mrd. USD
Quelle: Pitchbook, Q2 2024.
Margenkompression: Kommt jetzt die Wende?
Die Spreads bei europäischen Direct-Lending-Transaktionen haben sich im letzten Jahr eingeengt. Im mittleren und oberen Mittelstand sind die Margen seit Anfang 2023 um fast 100 Basispunkte gefallen, erstmals sogar unter die Marke von 600 Basispunkten. Wir haben sogar schon Abschlüsse mit Aufschlägen von nur 450–500 Basispunkten auf die Ausgangsspanne gesehen, oft auch ohne Absicherung durch Covenants.
Hintergrund ist die historisch hohe Menge an Liquidität, sogenanntem Dry Powder, weil die die General Partner, (GPs) die Kapitalbeschaffung weiter hochfahren. Private-Equity- und Private-Debt-Fonds verfügen über Cash im Rekordvolumen von USD 2 Bio., das auf seinen Einsatz wartet (siehe Abb. 1).1
Der schwache M&A-Markt hat dazu geführt, dass Fonds kaum Fremdfinanzierungsmöglichkeiten fanden, und einen „Wettlauf nach unten“ mit immer geringeren Margen und immer lockereren Konditionen ausgelöst.
Im unteren Mittelstand (auch als Lower Mid-Market bzw. LMM bezeichnet) – nach unserer Definition Unternehmen mit einem Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) bis EUR 15 Mio. – fiel die Margenkompression mit rund 20 Basispunkten jedoch etwas geringer aus (siehe Abb. 2). In diesem Bereich tummeln sich weniger Private-Credit-Fonds, und der Appetit der Banken hält sich wegen Kapitalknappheit nach wie vor in Grenzen, besonders wenn es um die Bereitstellung von nicht in Anspruch genommenen Fazilitäten jeglicher Art geht.
Dieses Pricing verdeutlicht den wachsenden risikoadjustierten Renditeaufschlag, der Anlegern im Lower Mid-Market im Vergleich zum traditionelleren Large-Cap-Markt winkt (siehe Abb. 3). Während die Spreads nach wie vor stabil sind, zeigt die Entwicklung der Risikoparameter weiter nach unten. So ist etwa der Verschuldungsgrad rückläufig, bei immer mehr Transaktionen liegt die Verschuldung unter dem Vierfachen des EBITDA und strenge Covenants sind weit verbreitet.
Wir gehen davon aus, dass sich diese konträre Dynamik auch 2025 fortsetzen wird und das LMM-Segment eine bessere und stabilere Quelle für Kapitalertrag und -erhalt bleibt.
Abb. 2 – Margenvorteile
Entwicklung der Margen nach Transaktionsart und LMM-Aufschlag (in Bp)
Quelle: KBRA, Q3 2024. Daten für den Zeitraum 01.01.2023–30.09.2024.
Abb. 3 – Risiko vs. Rendite
Spreads per Turn of Leverage (in Bp)
Quelle: Pictet Asset Management, Q4 2024; KBRA, Q3 2024
Chancen in Sicht
Ein Aspekt, den die Anleger an Direct Lending schätzen, sind die relativ geringen Ausfallquoten. Während die Ausfallquoten bei Konsortialkrediten auf rund 6% gestiegen sind, liegen sie bei Direct Lending im Durchschnitt weiterhin unter 2%.2
Dieser Abstand könnte sich noch vergrössern. Trotz der Zinssenkungen europäischer Zentralbanken im Jahr 2024 ist aufgrund des potenziell verbleibenden Inflationsdrucks noch unklar, ob weitere Senkungen ebenso schnell kommen werden wie in früheren Lockerungszyklen. Wenn die geldpolitische Lockerung langsamer kommt, könnte dies auf den Kreditmärkten in Bereichen mit besonders starker Zyklizität und Hebelung Stress verursachen, etwa bei Hochzinsanleihen und Leveraged Loans.
Für das kommende Jahr erwarten wir, dass der Lower Mid-Market von einer verbesserten Wirtschaftslage und einer zunehmenden M&A-Aktivität profitieren wird. Allerdings könnte Europas wirtschaftliche Erholung holprig verlaufen, und Schwankungen sind durchaus weiterhin möglich.
Um dies abzufedern, konzentrieren wir uns auf Sektoren mit niedrigerem Beta, die tendenziell weniger volatil sind als der Gesamtmarkt, also etwa Medizintechnik, Software und Business-Dienstleistungen. Sie bieten eine bessere Diversifizierung, stabilere Erträge und Kapitalerhalt. Umgekehrt meiden wir einige der zyklischeren Segmente, zum Beispiel Teile des Industrie- und Konsumgütersektors. Und während im grössten Teil des Marktes „Covenant Light“ nach wie vor Usus ist, können wir als Sole Lender stärker massgeschneiderte Transaktionen strukturieren, die das Kapital unserer Anleger besser schützen, vor allem dank der Maintenance Covenants, deren Einhaltung wir vierteljährlich prüfen. Mit diesem Ansatz sind (und bleiben) wir in volatilen Phasen gut geschützt, weil diese Unternehmen Umsatz, Gewinn und freien Cashflow weiter steigern.
Wir werden oft gefragt, wie hoch das Kreditrisiko im LMM-Segment ist. Generell kann das Risiko bei kleineren Unternehmen höher sein, aber wir konzentrieren uns auf Unternehmen, die in Nischenmärkten mit begrenztem Wettbewerb und hohen Eintrittshürden tätig sind und dort eine beherrschende Stellung haben. Trotz ihrer geringen Grösse haben solche Unternehmen oft die gleichen Defensivqualitäten wie grosse Marktführer, wenn nicht gar bessere.
Vor allem weist unser Portfolio auch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen gesponserten und nicht gesponserten Transaktionen auf, was zu einer weiteren Diversifizierung beiträgt, das Risikomanagement erleichtert und gleichzeitig die Renditen optimiert. Unsere Mitbewerber haben oft ein Übergewicht bei gesponserten Transaktionen, wo das Volumen höher ist, aber der Wert wohl geringer. Mit dem richtigen Anbahnungsnetzwerk und der richtigen Kapazität kann die Fähigkeit, einen nennenswerten Anteil an nicht gesponserten Deals zu haben, aus unserer Sicht aber auch eine Stärke sein.
Private-Debt-Portfolios verbessern. Zudem kann es als Ergänzung dienen zu Allokationen etwa in traditionelles Direct Lending an Grossunternehmen und den Upper Mid-Market, Distressed und Special Situations (Notlagen und Sondersituationen) sowie Venture Debt (Wagnisfinanzierungen).
Ganz gleich, ob neue Anleger ihre ersten Schritte in diese Anlageklasse unternehmen oder erfahrene Anleger ihr bestehendes Portfolio im Jahr 2025 diversifizieren wollen – diese Nische des Marktes sollte in jedem Private-Credit-Portfolio eine strategische Kernallokation bilden.
[2] KBRA DLD, Q3 2024