Nachhaltigkeit

Wie Kapitalanlagen den Übergang zu mehr Nachhaltigkeit beschleunigen

Die Frage, ob wir eine nachhaltigere und resilientere Wirtschaft brauchen, stellt sich nicht. Die einzige Frage ist, wie schnell wir dieses Ziel erreichen. Ansätze des Transformationsprozesses sind bereits erkennbar und bieten jetzt schon Chancen für Anleger. Doch dies ist erst der Anfang.

Meinungsbeitrag von Laurent Ramsey, veröffentlicht in der Neuen Zürcher Zeitung am 30. Juni 2023

 

Schon vor 20 Jahren, als wir unsere ersten Themenanlagen lanciert haben, war erkennbar, dass verantwortungsvolles Handeln als Unternehmen auch wirtschaftlichen Erfolg bringt.

Inzwischen stehen wir an der Schwelle zu einer grundlegenden Transformation, vergleichbar mit der industriellen Revolution. Damals hoben Innovationen wie die Dampf- und die Baumwollentkörnungsmaschine die gesamte Wirtschaft aus den Angeln. Heute ist es ähnlich, und innovative Lösungen, die zur Dekarbonisierung der Weltwirtschaft beitragen, haben das Spektrum an Anlagechancen enorm erweitert.

Innovative Lösungen, die zur Dekarbonisierung der Weltwirtschaft beitragen, haben das Spektrum an Anlagechancen enorm erweitert.

Doch der Weg hin zu einer klimaneutralen Welt führt nicht allein über Innovationen. Auch die Neuausrichtung von Unternehmen bietet Chancen für Investoren. Wie diese Unternehmen die Anpassung in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance (ESG) bewältigen, wird über ihre Marktbewertung entscheiden. In jedem Wirtschaftssektor wird es dabei zwangsläufig Gewinner und Verlierer geben. Als Anleger ist es unsere Aufgabe, hier die Spreu vom Weizen zu trennen und das Anlagekapital entsprechend aufzuteilen.

Wie immer spielt Diversifizierung dabei eine Schlüsselrolle. Diversifizierungsmöglichkeiten bestehen in diesem Bereich mittlerweile über alle Regionen und Anlageklassen hinweg, von Venture-Capital- und Private-Equity-Startups bis hin zu Immobilien und von börsennotierten Aktien bis hinzu Anleihen mit nachhaltigkeitsorientierten Zusatzklauseln.

Untersuchungen haben gezeigt, dass sich mit Dialog mehr erreichen lässt als durch Ausschlusskriterien.

Dabei ist die Auswahl keineswegs auf die Industrieländer beschränkt. So sind die Schwellenländer weltweit führend in der Emission nachhaltiger Anleihen. Manche Länder, wie zum Beispiel Chile, haben seit 2020 keine klassischen Hartwährungsanleihen mehr emittiert und sich stattdessen ganz aufAnleihen mit einem Nachhaltigkeitsgütesiegel konzentriert. Auf solche Anleihen mit einem grünen, sozialen oder nachhaltigkeitsbezogenen Label entfiel 2021 ein Fünftel der von Schwellenländernbegebenen Neuemissionen.

Verstärkte Einflussnahme

Anleger tragen nicht nur durch ihre Kapitalallokation dazu bei, dass sich die Welt zum Besseren verändert. Sie tun dies auch durch aktive Einflussnahme mit der Ausübung von Stimmrechtsvollmachten und im direkten Dialog mit Unternehmensführungen, um den Übergang voranzutreiben. Damit steigt potenziell auch der Wert ihrer Investments. Anleger nehmen diese Rolle zunehmend ernst. 

Anleger verfügen also über einen entscheidenden Hebel, um in der Welt der börsennotierten Unternehmen Veränderungen herbeizuführen.

So haben sie an den Anleihemärkten in den letzten Jahren ihre Einflussnahme verstärkt, obwohl sie als Gläubiger keine Stimmrechte besitzen. Untersuchungen haben gezeigt, dass sich mit Dialog mehr erreichen lässt als durch Ausschlusskriterien. Dies gilt nicht nur mit Blick auf Managemententscheidungen, sondern auch, wenn es darum geht, höhere Renditenzu erzielen. Auch für Anleger in börsennotierten Aktien ist dies der Königsweg, um Transformationsprämien in einer Grössenordnung wie bei Private-Equity-Investments zu erzielenund sich damit eine zusätzliche Alpha-Quelle zu erschliessen. Besonders viel bewegen lässt sich, wenn Anleger dabei an einem Strang ziehen. So steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die gewünschtenErgebnisse auch erreicht werden.

Anleger verfügen also über einen entscheidenden Hebel, um in der Welt der börsennotierten Unternehmen Veränderungen herbeizuführen. Und wenn solche Allianzen auch Akteure ausserhalb der Finanzbranche einschliessen, sind sie umso schlagkräftiger. Die vielleicht bekannteste Initiative, Climate Action 100+, ist ein Bündnis von Investoren, das Druck auf die grössten Treibhausgasemittenten ausüben will, ihre Geschäftstätigkeit an den Pariser Klimazielen auszurichten. Nach sechs Jahren hat Climate Action 100+ einige durchschlagende Erfolge erzielt. Ähnliche Initiativen wurden mittlerweile in den Bereichen Wasser und Natur ins Leben gerufen oder sind in Planung. Gemeinsam lässt sich nachweislich mehr bewegen.

Mit ihrem Anlagekapital und ihren Einflussmöglichkeiten sind Asset-Owner und Vermögensverwalter in der Pflicht, den Übergang zu mehr Nachhaltigkeit und Resilienz in der Wirtschaft voranzutreiben.

Zusammenschlüsse dieser Art gibt es auch abseits der Finanzmärkte. Entsprechende Initiativen haben es sich zum Ziel gesetzt, Einfluss auf Politik, regulatorische Rahmenbedingungen und Forschung zu nehmen, um den Übergang zu nachhaltigeren Wirtschaftsformen zu beschleunigen. Initiativen wie die Konferenz Building Bridges, die hier in der Schweiz ihren Ursprung hat, wollen Akteure aus der Privatwirtschaft und dem öffentlichen Sektor zusammenbringen, um Nachhaltigkeit in der Finanzwelt stärker zu verankern. Darüber hinaus gibt es auch noch andere Initiativen wie das Forschungsprogramm MISTRA Finance to Revive Biodiversity, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, Wissenschaft und Finanzwelt stärker zu verzahnen, um mit Forschungsergebnissen den Weg zu weisen, wie der Finanzsektor seinen Beitrag zu einer naturpositiven Wirtschaft leisten kann. Uns muss bewusst werden, dass wir alle in einem Boot sitzen, wenn wir eine Chance haben wollen, einen sicheren Hafen zu erreichen.

Neue Risiken entstehen

Auch wenn jeder Wandel Chancen eröffnet, können daraus auch neue Risiken entstehen. In Kooperation mit dem Institute of International Finance haben wir potenzielle Übergangsrisiken untersucht. Eines davon ist das Verschuldungsrisiko, da wachsende Schulden den durch die Coronakrise bereits angespannten Staatshaushalt zusätzlich belasten. Ein weiteres ist die Inflation, denn stärkerer politischer Druck und strengere Klimagesetze treiben die Energiepreise in die Höhe. Schliesslich das Risiko von Vermögenspreisblasen, wenn zu viel Kapital in schlecht gemanagte Projekte fliesst. Doch auch wenn wir diese Risiken im Auge behalten und wachsam bleiben müssen – was im Übrigen auch mit Blick auf das bereits reale Greenwashing-Risiko gilt –, sollten wir uns dadurch nicht davon abhalten lassen, nach Chancen zu suchen und diese auch zu nutzen.

Mit ihrem Anlagekapital und ihren Einflussmöglichkeiten sind Asset-Owner und Vermögensverwalter in der Pflicht, den Übergang zu mehr Nachhaltigkeit und Resilienz in der Wirtschaft voranzutreiben. Wir müssen alle gemeinsam auf dasselbe Ziel hinarbeiten. Die Wirtschaft der Zukunft braucht intelligente, anreizbasierte regulatorische und politische Rahmenbedingungen, die an den Bedürfnissen der Zivilgesellschaft ausgerichtet sind. Nur mit neuen Allianzen lässt sich ein solcher Wandel herbeiführen. In Ansätzen ist dieser bereits erkennbar. Ich bin davon überzeugt, dass uns nur eine gleichermassen verantwortungsbewusste wie chancenorientierte Haltung mit Augenmass wirklich vorwärtsbringt.

Inzwischen stehen wir an der Schwelle zu einer grundlegenden Transformation, vergleichbar mit der industriellen Revolution als Dampf- und die Baumwollentkörnungsmaschine die gesamte Wirtschaft aus den Angeln hoben.
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