Japanische Aktien werden top, chinesische Aktien Flops sein
Veröffentlicht in der NZZ am Sonntag
vom 11. Juni 2023
Es ist paradox: Wirtschaftswissenschafter predigen seit Jahrzehnten, es sei unmöglich vorherzusehen, ob die Börse kurzfristig steigt oder sinkt. Und dennoch veröffentlichen Banken und Vermögensverwalter unverdrossen ihre Vorhersagen darüber, wie sich einzelne Aktienindizes oder die Bondrenditen im Jahresverlauf verändern werden.
Ungleich aussagekräftiger sind Langzeitprognosen. Immer mehr Banken wagen Zehnjahres-Ausblicke für die Börsenentwicklung, was sie dazu zwingt, sich auf die grossen Linien zu beschränken. Gleichzeitig können sie ihren Kunden konkret aufzeigen, wie viel diese in der nächsten Dekade mit den verschiedenen Vermögenswerten ungefähr verdienen können.
Die Bank Pictet hat gerade zum elften Mal eine solche 10-Jahres-Prognose veröffentlicht, die sie «Horizonte» nennt, und kann so erstmals eine Bilanz dieser anspruchsvollen Übung ziehen. Sie fällt positiv aus. Es lasse sich feststellen, «dass wir vor zehn Jahren mit unseren Prognosen für eine Reihe von Anlageklassen nicht allzu weit daneben lagen».
Das ist bemerkenswert, wenn man sich vor Augen führt, wie stark sich die Welt seither verändert hat. 2013 hatte der Euro-Raum gerade erst eine existenzbedrohende Staatsschuldenkrise hinter sich.
«Es ist grundsätzlich einfacher, langfristige Prognosen zu erstellen als kurzfristige», sagt Alexandre Tavazzi, Leiter Asset Allocation und Macroresearch von Pictet Wealth Management. «Aber man muss sich reinknien, um die grundlegenden Entwicklungen wirklich erfassen zu können. Sonst läuft man Gefahr, einfach die jüngere Vergangenheit in die Zukunft zu extrapolieren.»
Für den jüngsten Zehnjahresausblick habe ein 15-köpfiges Team bei Pictet drei Monate lang gearbeitet und sich dabei oft in Räume ohne Bildschirme zurückgezogen, sagt Tavazzi. Es sei zentral, sich vom kurzfristigen Auf und Ab der Börse und vom Newsflow abzukoppeln.
Welche Entwicklungen sieht Pictet in den kommenden 10 Jahren? «Das Wachstum schwächt sich nachhaltig ab, die Wirtschaft wird weniger effizient, Rohstoffe und Arbeitskräfte knapp: Derzeit ändern sich viele Dinge, die wir lange als normal vorausgesetzt haben», sagt Tavazzi.
Pictet sagt voraus, dass die zuvor so dominierende Geldpolitik an Bedeutung verliere und an ihrer Stelle die Geopolitik bestimmend werde. Der starke Staat, der zu Interventionen neigt und Industriepolitik betreibt, werde uns erhalten bleiben.
Die Bank sieht in einer strukturell höheren Inflation die neue Normalität, weil der demografische Wandel und die Energiewende preistreibend seien. Zudem würden die Deglobalisierung, die Knappheit an Arbeitskräften und eine höhere Besteuerung auf die Margen der Unternehmen durchschlagen.
Weil ihre Finanzierungskosten plötzlich viel höher sind, seien manche Firmen sogar in ihrer Existenz bedroht. «Wir haben eine 15-jährige Phase hinter uns, in der die Kapitalkosten sehr tief waren. Jetzt, wo sich das geändert hat, wird es bei den Unternehmen zu einer natürlichen Auslese kommen», sagt Tavazzi.
Pictet erwartet insbesondere eine starke Verlangsamung in China, wo die Wirtschaft künftig nur noch 3,9% pro Jahr expandieren soll. «China wird nicht mehr gross zum Wachstum der Weltwirtschaft beitragen, da seine Bevölkerung rasch altert und die USA Chinas Zugang zu Spitzentechnologien einschränken», sagt Tavazzi. China büsse seine Attraktivität als Produktionsstandort ein, nicht nur wegen der Geopolitik, sondern vor allem wegen der gestiegenen Arbeitskosten. Diese seien in Mexiko mittlerweile bedeutend tiefer.
Inflationsbereinigt und in Franken gerechnet, schauen in den nächsten zehn Jahren bei China-Aktien nur noch 3,8% Performance heraus, weit weniger als bei Dividendentiteln in allen entwickelten Märkten (siehe Tabelle). Als Spitzenreiter mit einer jährlichen Performance nach Inflation von 5,7% sieht Pictet dagegen japanische Aktien.
Reale Verlustbringer werden laut dieser Prognose Gold und globale Staatsanleihen sein. Selbst mit 10-jährigen «Eidgenossen» verliere man unter dem Strich Geld. Während internationale Investoren mit relativ sicheren Anleihen wieder positive Anlageergebnisse erzielen können, müssen Schweizer Anleger also weiterhin etwas höhere Risiken eingehen und beispielsweise in Unternehmensanleihen investieren.
Das alles klingt nicht so erfreulich, doch Tavazzi sieht auch positive Entwicklungen. «Die gute Nachricht für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft ist, dass die klassischen Arbeiter wieder gefragt sind, da Firmen ihre Produktion teilweise zurück nach Europa und in die USA verschieben.» Die Löhne in Ländern wie Deutschland oder Japan stiegen derzeit – womit vor kurzem noch niemand gerechnet hätte. «Und die Saläre der Blue Collars werden sogar besonders rasch angehoben.»
Disclaimer
Dieses Marketing Dokument wurde von Banque Pictet & Cie SA, Switzerland erstellt. Jede Anlage birgt Risiken, einschließlich des Risikos, das ursprünglich angelegte Kapital nicht zurückzuerhalten.